Giacomettis horizontale Zeit | Figurentheater Tübingen
Hôtel de Rive
Transdisziplinäre Annäherung ans Werk Giacomettis.
In drei Schritten nähert sich die Inszenierung aus Wort, Klang, Material und Bewegung dem künstlerischen Schaffen des Bildhauers, Malers und Schriftstellers Alberto Giacometti. Drei Versuche verwandeln sein komplexes Werk „Die Suche nach dem Absoluten“ (Sartre) in einen zeitlosen Raum.
Grundlage der Inszenierung bilden vier surrealistische Texte Giacomettis: «Gestern, Flugsand», «Ein Blinder streckt die Hand aus in der Nacht …», «Der Traum, die Sphinx und der Tod von T.» sowie «Paris ohne Ende». Alle vier Texte kreisen um das Thema Zeit und stehen stellvertretend für bestimmte Lebensphasen Giacomettis.
Das Figurenspiel und Musik lassen sich von Texten, Skulpturen und Zeichnungen Giacomettis inspirieren, um ein eigenes visuelles Gedicht zu kreieren. Sie bilden den Ausgangspunkt, Spuren gleich, die verfolgt werden, um zu einem neuen Ort vorzudringen. Ein unsichtbarer Ort entsteht, wo Bildende und Darstellende Kunst sich mit Literatur vereinen.
Titelgebend für das Stück ist das Genfer «Hôtel de Rive», in welchem sich Giacometti von 1942 bis 1945 aufhielt. Während der Kriegsjahre diente die Stadt vielen Pariser Kunstschaffenden als Zufluchtsort, der den intellektuellen Austausch erlaubte. Giacometti gehörte zum Kreis um Albert Skira, dem Verleger der Zeitschrift «Labyrinthe», und steuerte selbst drei wegweisende Texte bei. In Genf lernte er auch seine zukünftige Ehefrau Annette kennen. Sein Aufenthalt fällt aber auch mit einer fundamentalen Schaffenskrise zusammen. In seinem bescheidenen Hotelzimmer, das er auch als Atelier nutzt, versucht er sich tagelang an Skulpturen, ohne mehr zustande zu bringen als kleine, wenige Zentimeter hohe Figuren. Laut Skira passte das in jener Zeit entstandene Werk Giacomettis bei seiner Abreise in sechs Streichholzschachteln, die er in seinen Hosentaschen trug, als er nach Ende des Krieges nach Paris zurückkehrte.
«Hôtel de Rive» ist eine Annäherung in gesprochenen und geschriebenen Worten, gezeichneten und getanzten Linien, Alphörnern, Figuren und Steinen.
«Irre ich mich? Das ist möglich.» (Alberto Giacometti, Tagebuchnotiz)
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